I

„Das beste am Kaffee ist doch ein schönes Stück Kuchen. Oder Kekse.“ Schulz tauchte einen länglichen Keks in seine Kaffeetasse. 2Immer schön ditschen, Herrmann. Ja, so macht man das.“ Herrmann grunzte vergnügt. „Weißt du, so eitel Kaffee schmeckt mir eigentlich gar nicht, diese heißbittere Plörre oder bitterheiße. Ich weiß nicht, wie sich die Leute heutzutage das Zeug so hastig reinkippen können, am besten noch im Laufschritt. Da verbrennste dir doch die Labbe oder kriegst gleich n Magengeschwür. Aber mit was Süßem, ja som anständigen Stück Kuchen oder notfalls Keksen, das ist Kultur. Hochkultur und Hochgenuss.“ Herrmanns Keks brach ab und versank in der Tasse. Schulz schien es nicht bemerkt zu haben. Er fuhr fort: „Mir scheint gar, dass Kaffee und Kuchen eine Art heilige Allianz bilden, einzeln betrachtet sind beide jedoch Teufelswerk. Kuchen mit seinen ekligen Kalorien und Kaffee mit seiner elendigen Bitterkeit. Wie kann man nur solche Genussmittel gehend verzehren?“ Schulz machte eine ausufernde Geste und blickte mit feuchten Augen zur Zimmerdecke und wieder zu Herrmann, der seine Tasse von sich schob, weil deren Inhalt voll aufgelöster Kekskrümel war. Verzweifelt sah er zu Schulz rüber. „Ach Herrmann, schade ist es schon. Er nahm noch einen Keks und ditschte ihn tief in den Kaffee. Arme Lydia, armes Mädchen.“

„Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Jesus Christus und Casanova?“ Peter stand in der kleinen Küche und schaute Sven nichtssagend an. „Der Gesichtsausdruck beim Nageln.“ Sven brach in schallendes Gelächter aus. Peter bemerkte die drastische Veränderung, die sein Freund vollzogen haben muss. Der besonnene, liebenswerte Sven war nur noch eine Hülle, aus der der Wahn hervorquoll. Lydias regloser Körper am Boden bezeugte den Zerfall seinen Freundes symbolträchtig. „Guck, wie hässlich sie aussieht.“, sagte Sven wutschnaufend und nach einer bedrohlichen Kicherpause bemerkenswert klar: „Alles, was mir an schlechtem widerfahren ist, hat seinen Ursprung in dir. Du sollst bekommen, wonach dir seit jeher der Sinn stand. Abstechen werde ich dich, so wie du es wolltest. Die Genugtuung gebe ich dir, auf dass sich danach alles zum Guten wendet.“

Peter schloss für eine Weile Mund und Augen. „Du überraschst mich sehr, das alles geht jetzt doch ein bisschen schnell. Du weißt, dass sich gar nichts ändern wird. Und was hatte sie eigentlich mit der Sache zu tun?“
„Halt die Klappe, Peter! Sie ist nur eine Puppe, sie hat nichts mit irgendwas zu tun. Völlig belanglos.“
„Sven, jetzt bist du tatsächlich durchgeknallt. Schau dir das Puppenblut an, riech daran. Sieh, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht gewichen und selbst ihr rotes Haar an Glanz verloren.“
„Halt’s Maul!“, schrie Sven. „Brauchst gar nicht so scheinheilig zu tun. Ich werde diesem ganzen Treiben hier und jetzt ein Ende setzen, indem ich dich töte.“

In jenem Moment flog die Tür auf und der Priester trat vor, sich die Augen reibend. „Was ist denn das für ein Lärm hier? Komm wieder ins Bett, Sven. Komm zu Papa.“