XIV

H: „Jetzt aber sachte. Das Menschenprojekt wird eingestellt. Warum denn gleich so rabiat?“
D: „Nichts rabiat, konsequent. Die Menschen sind auf Irrwegen und wir sind die Erlöser all der verschenkten Leben.“
Die Biergläser häufen sich auf der Theke, doch Mo zapft unbeirrt weiter, den Blick auf seine Hände gerichtet.
P nachdenklich trinkend: „Mir solls recht sein, hab eh nie verstanden, warum wir den Scheiß gestartet haben aber dann ohne diesen schwülstigen Erlöserpathos.“
H: „Also eigentlich fand ich es immer ganz schön zwischen dem ganzen Pack. Man konnte sich ausleben und man selbst sein.“
P: Als ob du da jemals was anderes gemacht hast als hier. Nur das Säuferglück hieß eben Schmiedehammer.
Mo von seinen Händen aufschauend: „Fragiles.“
D: „Schnödes.“
P: „Lächerliches.“
H: „Penetrantes.“
D: „Was los Mo, noch nicht ganz sauber in der Birne?“
Mo: „Fragiles Säuferglück.“
D, P und H gleichzeitig aufatmend: „Ah.“
Mo: „Da muss man schon penibel sein. Wenn nicht da, wo dann?“
H: „Der alte Mo. Weiß immer, wie man eine Situation rettet.“
P: „Im Gegensatz zu dir.“
D: „Wie dem auch sei, mein Entschluss ist endgültig.“
H: „Aber…“
D: „Nichts aber.“
P: „Die Zeit ohne uns hat ihn weich gemacht.“
D: „Ohne mich.“
Die einsetzende Stille wird nur durch das beruhigende Plätschern des Biers in den sich unaufhörlich füllenden Gläsern unterbrochen.
D: „Mo, eifrig wie eh und je. Ohne zitternde Hände zapfts sich gleich viel leichter, was? Was macht eigentlich unser anderer Bote? Neuigkeiten?“
H kichernd: „Die fette Qualle folgt seinem Schatten auf Schritt und Tritt. Scheint seinen Partner fürs Leben gefunden zu haben und genießt seine Zeit in vollen Zügen.“
Mo irritiert seine Hände musternd: „Wenigstens einer macht, was er soll. Und jetzt Ruhe und trinkt.“
D, H und P leeren pflichtbewusst ihre Gläser.
D nach einiger Zeit: „Wir müssen ihn kontaktieren.“

„Eine Vision!“, Sven klang aufgeregt. „Peter, eine Vision und zack dein Leben sieht anders aus. Umgefallen, aufgestanden und alles so weitergemacht wie bisher, nur anders. Meinst du sowas kann mir auch passieren?“ Der Schlag kam ohne Ankündigung und traf Sven mitten im Gesicht. Lachend stand Peter neben Sven und beobachtete, wie der sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Nase hielt und mühsam auf die Beine kämpfte.
„Was zum Teufel?“
„Na na na. Übermut tut selten gut.“
„Und dann haust du mir einfach eine rein.“
„Für die Erleuchtung. Was machen die Visionen?“
Wütend wollte Sven davonstürmen. Er malte sich aus, wie Peter beschämt zurückblieb, sich immer aussichtsloser in den Windungen von Schulz‘ Schloss verstrickte, bis ihm schließlich, in den tiefsten Katakomben Herrmann auflauerte und Peter so die Erkenntnis seines Irrtums ereilte. Doch gerade als er sich umdrehen wollte, sah er vor sich auf dem Boden zwei ungeöffnete Briefe. Triumphierend reckte er sie in die Höhe und rieb sie Peter ins Gesicht, während aus seiner Nase langsam das Blut rann. „Vom Arbeitsamt, vergessen und wiederentdeckt. Meine Vision und Erleuchtung.“
Angewidert schloss Peter die Augen. „Oh Mann, meine Erleuchtung das Arbeitsamt. Sag mal Sven, geht’s noch?“